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Faculty of humanities and social sciences

Cultural and Social Anthropology

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Kindspflegschaften im Kontext ethnischer Heterogenität (Borgu, Benin)

 

 

Förderung: DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft

Laufzeit: Juni 2009 bis Mai 2011, Januar bis Dezember 2013

Projektleitung: Dr. Jeannett Martin

Angesiedelt am Lehstuhl für Sozialanthropologie (Prof. Dr. Erdmute Alber)

Kurzbeschreibung:

Das Forschungsprojekt befasst sich mit Prozessen der Konstruktion verwandtschaftlicher und ethnischer Zugehörigkeit (belonging) bei Kindern in einer Region im westafrikanischen Benin. In den historisch gewachsenen Gesellschaften des Borgu werden diese Formen der Zugehörigkeit als wichtige Momente sozialer Selbst- und Fremdverortung gesehen, wobei Kinder als Bedingung und Garanten für die Kontinuität von Verwandtschaftsgruppen wie von ethnischen Gemeinschaften gelten.

Zum Verständnis der gesellschaftlichen wie individuellen Konstruktionsprozesse von verwandtschaftlicher und ethnischer Zugehörigkeit spielt die soziale Praxis der Kindspflegschaft eine wichtige Rolle. Das Projekt zeigt, dass das Überlassen von Kindern an andere dazu beitragen kann, verwandtschaftliche und ethnische Zugehörigkeiten zu verstärken, dass es aber auch dazu beitragen kann, dass solche Zugehörigkeiten geschwächt, in Frage gestellt und neue geschaffen werden.

Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt auf einer vergleichenden Analyse der Vorstellungen und Praktiken der Kindspflegschaft in und zwischen drei ethnisch verfassten Gemeinschaften im Beniner Borgu: Fée, Fulbe und Gando. Letztere stellen die Nachkommen von Sklaven in der Region dar. Auf der Grundlage von qualitativen und quantitativen Erhebungen in diesen ethnisch-sozialen Milieus nähert sich das Projekt den Fragen der Konstruktion von Zugehörigkeiten bei Kindern auf drei Ebenen an:

(1) auf einer diskursiven Ebene, bei der es um die Beschreibung normativer Gruppenvorstellungen geht,

(2 ) auf einer handlungspraktischen Ebene, die nach der zahlenmäßigen Bedeutung der intra- bzw. interethnischen Überlassung von Kindern fragt und danach, wie die Zugehörigkeit von Kindern im Alltag ausgehandelt wird,

und schließlich

(3) aus einer biographischen Perspektive. Hierbei steht die Analyse von erzählten Erfahrungen und des individuellen Umgangs mit (Nicht-)Zugehörigkeit im Lebensverlauf im Mittelpunkt.

Besonderes Augenmerk wird dabei auf interethnische Pflegschaftsverhältnisse gelegt.

Ein enthaltener Land-Stadt-Vergleich gibt Aufschlüsse über  Vorstellungen und Praktiken der verwandtschaftlichen und ethnischen Zugehörigkeit und deren Transformationsprozesse unter den Bedingungen städtischen Lebens.

Anknüpfend an vorangegangene Erhebungen (Martin 2007) wurde bzw. wird darüber hinaus im Fée-Milieu nach zwei weiteren, bislang kaum beleuchteten Aspekten gefragt:

-  nach den Pflegschaftserfahrungen,  dem biographischem Handeln und den Handlungsspielräumen (agency) der in die Praxis involvierten Kinder,

- nach dem Handeln und den Handlungslogiken daran beteiligter Männer vor dem Hintergrund lokaler Vorstellungen von masculinity.

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden bei Feldaufenthalten im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 (insgesamt zwölf Monate, davon zehn Monate in Folge) Erhebungen an mehreren ländlichen und einem städtischen Standort durchgeführt.


Webmaster: Nadja Bscherer

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